Reportagen / HER MIT DEM EIWEIß, HER MIT DEM STEAK!

von: MICHAEL FUCHS-GAMBÖCK

Leben ist Eiweiß. Gute Laune ist Eiweiß. Gesundheit ist Eiweiß. Ohne Eiweiß läuft in unserem Körper gar nichts. Der besteht nämlich - abgesehen von Fett und Wasser - aus Eiweiß.

Deshalb sind eiweißhaltige Produkte in unserem täglichen Ernährungsplan essentiell. Denn Eiweiß - auch Protein genannt - ist ein bedeutender Baustoff unseres Körpers, mit seinen vielen Funktionen im Organismus ist er beinahe ein Alleskönner. Eiweiß ist Bestandteil von Muskeln, Organen, Knochen, Haut und Haar. Doch auch Enzyme, Hormone und Abwehrzellen bestehen aus Eiweiß. Dazu steuert Eiweiß Auf-, Ab- und Umbauprozesse in den Zellen. Weil dieser Bau- und Funktionsstoff im Körper so wichtig ist, sollten zumindest 10 - 15 Prozent unserer Gesamtenergie täglich in Form von Eiweiß verzehrt werden. Unser Körper bleibt nur fit und gesund, er bringt nur dann Leistung und wir haben sogar nur dann gute Laune, wenn wir ihn regelmäßig mit Eiweiß "füttern". Er besteht nämlich aus 20 winzigen Eiweißbausteinen, den Aminosäuren. Acht dieser Säuren sind lebensnotwendig, können aber nicht vom Körper selbst hergestellt werden. Alleine schon aus diesem Grund dürfen wir auf Eiweiß in der Nahrung nicht verzichten.

Doch wieviel Gramm Eiweiß täglich sind empfehlenswert? Die "Deutsche Gesellschaft für Ernährung" spricht sich für 50 bis 60 Gramm am Tag aus (oder individueller: 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht). Wobei man generell zwischen tierischem und pflanzlichem Eiweiß unterscheidet. Tierisches Eiweiß ist - seiner Natur nach - enthalten in Fleisch und allen Fleischwaren, in Fisch und Fischprodukten, Milch und Milchprodukten, also Käse, Quark, Joghurt, Dickmilch oder Kefir sowie in Eiern. Pflanzliches Eiweiß kommt in Getreide und allen Getreideprodukten, Kartoffeln, Gemüse, Hülsenfrüchten, Soja oder Nüssen vor.

Bis vor kurzem waren Ernährungswissenschaftler der Ansicht, dass pflanzliches Eiweiß der tierischen Variante in jedem Falle der Vorzug zu geben ist. Neue Studien hingegen belegen beeindruckend, dass zumindest zwei Mal pro Woche ein saftiges Steak, ein Stück Kalbfleisch oder eine Scheibe Roastbeef auf dem Teller nicht fehlen sollten. Hauptsache, das Fleisch ist mager, frisch (niemals länger als drei Tage im Kühlschrank aufbewahren!) und stammt nicht von alten oder gar kranken Tieren.

Warum aber Fleisch als wichtiger Bestandteil der Ernährung? Monique van Dusseldorp, Ernährungswissenschaftlerin an der Agricultural University im holländischen Wageningen, hat in einer Langzeitstudie 15 Jahre lang hundert Familien untersucht, von denen ein Teil sich rigoros vegetarisch ernährte, der andere Teil regelmäßig Fleisch verzehrte. Ergebnis: Die vegetarische Fraktion litt unter einem latenten Mangel an Aminosäuren, die ausschließlich in Fleisch enthalten sind. Dieser Mangel führte bei mehreren Familienmitgliedern zu einem schwach ausgeprägten Orientierungssinn und der Schwierigkeit, abstrakte Gedanken zu fassen. Fleisch wirkt sich also - im positiven Sinne - aufs menschliche Gehirn aus. Das in ihm enthaltene Vitamin B 12 sowie Eisen beugt zudem Magersucht und Demenz vor.

Tierisches Eiweiß ist, was inzwischen ebenfalls wissenschaftlich nachgewiesen ist, wie seine pflanzliche Version darüber hinaus ein Schlankmacher der ersten Wahl. Es hält den Muskel davon ab, sich selbst zu vernichten. Und die Muskeln braucht der Konsument nun mal, um Fett zu verbrennen. Außerdem macht tierisches Eiweiß satt und ist ein Fatburner.

Wenn Sie zum Beispiel ein saftiges Steak essen, dann muss Ihr Körper Energie zuschießen, um das Nahrungseiweiß in Körpereiweiß umzuwandeln. Und wo holt er sich diese Energie? Aus seinen Fettdepots. Damit sich die Fatburner-Eigenschaft auch auf der Waage auswirkt, müssen Sie lediglich darauf achten, dass Sie ausschließlich magere Fleischsorten konsumieren.

Natürlich könnte man jetzt auf den Gedanken verfallen, nur noch Eiweiß zu sich zu nehmen und etwa auf Kohlenhydrate komplett zu verzichten, wenn man Gewicht verringern will. Tatsächlich nimmt man auf diese Weise rasch ab. Allerdings verliert man bei einer sog. "Protein-Diät" lediglich Wasser und kein Fett, da der Körper automatisch auf ein Hungerprogramm namens Ketose schaltet.

Daher ist es wichtig, Eiweiß stets mit Kohlenhydraten zu kombinieren, also Fisch mit Reis, das Steak mit Kartoffeln, die Garnelen mit Gemüse, den Quark mit Obst. Dann muss Ihr Körper weder den Stoffwechselvorgang Ketose einschlagen, noch wertvolle Muskeln annagen. Er bedient sich da, wo er soll: bei den Fettpolstern.

Allerdings muss man täglich mindestens ein Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen, da Eiweiß nur dann seine fettverbrennenden Qualitäten entfalten kann. Und noch etwas gilt es zu beachten: Weil der Körper zu viel auf einmal schlechter verwerten kann, müssen Sie Eiweiß portionsweise über den Tag verteilt essen. Bevorzugen Sie zudem stets mageres Eiweiß - egal, ob tierisch oder pflanzlich. Nur dann holt sich der Körper die Energie aus den Fettdepots. Schwimmt zu viel Fett im Blut, bleiben die Pölsterchen auf den Hüften sitzen. Genug theoretisiert? Dann ab in die Küche und ran ans Steak!

KASTEN 1:
EIWEIßLIEFERANTEN
(20 g stecken in diesen Lebensmitteln)
- 30 g Algen
- 80 g Hühnerbrust (ohne Haut)
- 90 g Rehrücken
- 90g Schweinefilet
- 95 g Kaninchen
- 100 g Kalbs- oder Rinderfilet
- 120 g Schinken ohne Fettrand
- 80 g Räucherlachs
- 100 g Heilbutt
- 100 g Lachs
- 100 g Sardinen
- 100 g Thunfisch
- 110 g Garnelen
- 120 g Scholle
- 120 g Langusten
- 120 g Kabeljau
- 120 g Seezunge
- 120 g Matjesfilet
- 125 g Hummer

(10 g Eiweiß stecken in diesen Lebensmitteln)
- 220 g Sojajoghurt
- 1,5 Hühnereiern
- 250 ml Kefir
- 250 ml Dickmilch
- 300 ml Milch
- 300 ml Buttermilch
- 300 g Joghurt
- 25 g Parmesan
- 50 g Mozzarella
- 60 g Feta
- 75 g Mager-Quark
- 75 g Frischkäse
- 65 g Vollkornteigwaren
- 75 g Wildreis
- 80 g Haferflocken
- 90 g Vollkornmehl
- 100 g Knäckebrot
- 125 g Naturreis
- 35 g Erdnüsse
- 50 g Mandelnn
- 50 g Pistazienkerne
- 60 g Cashewnüsse
- 50 g getrocknete Bohnen oder Linsen
- 125 g Tofu
- 175 g frische Erbsen
- 200 g Rosenkohl
- 500 g Kartoffeln

KASTEN 2:br>

Interview mit Rosemarie Franke, Diätassistentin, Ernährungsberaterin und Autorin, u. a. des aktuellen Buches "Basiswissen Ernährung" (Umschau-Verlag, 12,90 Euro). Rosemarie Franke lebt in Paderborn, sie verfügt über umfangreiche Kompetenz und Erfahrung in den Fachbereichen Ernährung und Diätetik.

Werden hier zu Lande genügend eiweißhaltige Lebensmittel verzehrt?

Es gibt in unseren Breiten keinen Mangel an Eiweiß. Im Gegenteil. Man findet Eiweiß in fast allen tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln. So wird oft doppelt, ja dreifach mehr verzehrt als wünschenswert. Ein Zuviel an tierischem Eiweiß, das überwiegend mit Fett gekoppelt ist, kann zu Übergewicht führen und zu der schmerzhaften Krankheit Gicht. Wussten Sie, dass ein mittelgroßes Hühnerei fast genau so viel Eiweiß wie Fett enthält, nämlich ca. 7g Eiweiß und 6 g Fett?

Was ist der Unterschied zwischen Nahrungsmitteln mit tierischem und mit pflanzlichem Eiweiß?

Die Nahrungsmittel mit tierischem Eiweiß liefern eine größere Palette an Vitaminen und Aminosäuren. Aber Vorsicht, diese Lebensmittel enthalten, wie bereits erwähnt, sehr oft genau soviel Fett und Cholesterin! Deshalb: Gerade bei Fleisch und Wurst möglichst magere Sorten auswählen!

Wie viel Eiweiß sollte man täglich verzehren?

Man kann seinen persönlichen Eiweißbedarf pro Tag, das sind 10-15% der täglichen Gesamtenergie, wie folgt berechnen: Bei einem Energiebedarf von 2000 kcal pro Tag entsprechen 200 kcal 10%. Dividiert durch die Zahl 4 (Energiegehalt von 1 g Eiweiß) ergeben 50 g Eiweiß. Beispiel: So können Sie Ihren täglichen Eiweißbedarf decken.

Ein 60 kg schwerer Erwachsener benötigt 48 g Eiweiß, das ist enthalten in:
LebensmittelEiweiß in Gramm
3 Scheiben (140 g) Vollkornbrot 9,8
1 Scheibe (30 g) Käse (Gouda)7,5
1 Glas (200 ml) Vollmilch6,6
1 Portion (250 g) Pellkartoffeln5,0
1 Portion (80 g) Kräuterquark10,8
4 Esslöffel (40 g) Haferflocken8,0

47,7

Übrigens: 1 Portion Rindfleisch (125 g) oder Seefisch (150 g) enthält 24 g tierisches Eiweiß.

Bekommt man durch den Verzehr von viel Eiweiß eine Allergie?

Allergene sind Eiweiße, die bei der Verdauung in kleine Bausteine zerlegt werden. Normalerweise sind sie ungefährlich. Es gibt allerdings Personen, die auf bestimmte eiweißhaltige, tierische Lebensmittel wie Hühnerei, Kuhmilch, Fisch, aber auch auf pflanzliche Eiweißträger wie Sojabohnen, Sellerie und Apfel allergisch reagieren. Im Zweifel lassen Sie einen Allergietest durchführen.

Brauchen Sportler Eiweißpräparate?

Nein! Denn Sport erhöht den Eiweißbedarf nur minimal, auch wenn uns die Werbung häufig das Gegenteil suggeriert. Selbst Hochleistungssportler können in der Regel ihren Eiweißbedarf ohne weiteres mit einer normalen, ausgewogenen Ernährung decken. Muskeln bauen sich nur durch regelmäßiges Training auf! Wer auf Dauer viel zu viel Eiweiß aufnimmt, belastet seinen Stoffwechsel, vor allem die Nieren. Mageres Fleisch von Rind, Kalb, Schwein, Lamm, Wild, Geflügel, Fisch, fettarme Milch, Buttermilch und Milchprodukte wie Joghurt, Dickmilch, Kefir, Quark und magere Käsesorten sind die idealen Eiweißlieferanten.

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